G. Minn: Kathedralstadt und Benediktinerkloster

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Titel
Kathedralstadt und Benediktinerkloster. Die Abtei St. Vinzenz und die Stadt Metz im Mittelalter


Autor(en)
Minn, Gisela
Reihe
Trierer Historische Forschungen 45
Erschienen
Trier 2002: Kliomedia
Anzahl Seiten
612 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Georg Modestin, Bern

Mit ihrer auf eine Trierer Dissertation (1999) zurückgehenden Monographie legt Gisela Minn ein in allen Belangen beeindruckendes Werk vor: Dies gilt ebenso für seinen schieren Umfang, die Masse der verarbeiteten Quellen wie –nicht zuletzt – für den gewählten Ansatz. Die Autorin schreibt weder eine Klosternoch eine Stadtgeschichte im engeren Sinn, obwohl das eine wie das andere organisch in ihre Betrachtungen einfliesst, sondern eine Geschichte der vielfältigen Beziehungen zwischen der Mönchsgemeinschaft von St. Vinzenz und Metz, und das in einer sich vom 11. bis ins ausgehende 15. Jahrhundert erstreckenden longue durée. Die oberlothringische Bischofsstadt Metz, eine der raren mittelalterlichen Grossstädte nördlich der Alpen, gehörte politisch zum Reich, anders als das «deutsche» Strassburg war sie aber kulturell und sprachlich ein Teil der Romania. Gewissermassen als Spätfolge dieser Lage «im Kontaktbereich zweier Kulturräume» (S. 25) wird der Rückblick auf den Forschungsstand, wie ihn Gisela Minn in ihrer Einleitung präsentiert, zu einem historiographischen Vergleich zwischen der deutschen und der französischen Forschungstradition. Die unter Bischof Theoderich I. im 10. Jahrhundert begründete Mönchsgemeinschaft befand sich ursprünglich ausserhalb der Stadtmauern und wurde von der wachsenden Stadt in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts «eingeholt». Damit war St. Vinzenz bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts die einzige stadtsässige Metzer Benediktinerabtei, was sie für eine Untersuchung ihrer Beziehungen zur Stadt prädestiniert.

Es wäre müssig, an dieser Stelle die im Buch dargebotene Fülle resümieren zu wollen, zumal dies die Autorin in ihren Schlussbetrachtungen selbst gemacht hat. Deshalb beschränken wir uns darauf, einige ausgewählte Themenfelder anzusprechen, so die Unterordnung der Mönche unter die städtische Gerichtsgewalt, die in Metz nach der Verdrängung des Bischofs aus der Stadtherrschaft im 13. Jahrhundert «relativ konfliktfrei» (S. 111) vor sich ging. Die Vorteile, welche der Abtei aus der Zusammenarbeit mit der Stadt erwuchsen, lassen sich im Rechtsalltag erkennen, indem nämlich die Stadt der Mönchsgemeinschaft Rechtshilfe bei Zinsstreitigkeiten gewährte. Dieser garde genannte Rechtsschutz schloss Hilfe gegenüber Auswärtigen ein und konnte von diplomatischer Vertretung bis zu militärischer Unterstützung reichen. Dass das Instrument der garde durchaus zweischneidig war, ergibt sich daraus, dass sein Entzug ein «probates Mittel» darstellte, um «die Befolgung kommunaler Regelungen durchzusetzen» (S. 114). Was die Besteuerung durch die Stadt betrifft, so hatte der Metzer Klerus deren Steuerhoheit ebenfalls im 13. Jahrhundert anerkannt. So entrichteten die Geistlichen einerseits permanente Abgaben, andererseits wurden sie zu Sonderleistungen verpflichtet, insbesondere bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit benachbarten Territorialherren.

Seit 1268 lassen sich Metzer Bürger als Konventsmitglieder von St. Vinzenz nachweisen. Einen entsprechenden Raum nehmen prosopographische Fragestellungen in der Untersuchung ein, wobei die im Anhang beigegebenen Abts- und Mönchsverzeichnisse sowie die gleichenorts zu findende Auflistung der von Metzer Bürgern zugunsten der Abtei vorgenommenen Anniversar- und Memorialstiftungen zusammen mit dem Index wertvolle Identifizierungshilfen bieten. Nicht alle Teile der vorliegenden Monographie dürften alle Leserinnen und Leser gleichermassen ansprechen, was auch nicht Ziel und Zweck einer solchen Arbeit sein kann. Gerade die Darstellung der Besitzentwicklung der Abtei im Metzer Umland und darüber hinaus dient wohl in erster Linie der Regionalgeschichte. Andere Aspekte, so die Analyse der urbanistischen Impulse, die von St. Vinzenz ausgingen, regen zu städteübergreifenden Vergleichen an. Alles in allem ist «Kathedralstadt und Benediktinerkloster» ein ungemein reichhaltiges Buch, das unterschiedliche Benützergruppen mit Gewinn konsultieren werden.

Zitierweise:
Georg Modestin: Rezension zu: Gisela Minn: Kathedralstadt und Benediktinerkloster. Die Abtei St. Vinzenz und die Stadt Metz im Mittelalter (Trierer historische Forschungen, Band 45). Trier, Kliomedia, 2002. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 55 Nr. 3, 2005, S. 367-368.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 55 Nr. 3, 2005, S. 367-368.

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